Verbesserte Überlebenschancen bei schwarzem Hautkrebs
Neues Verfahren mit dendritischen Zellen am Universitätsklinikum Erlangen erfolgreich getestet
In einer klinischen Langzeitstudie haben Wissenschaftler der Hautklinik des Universitätsklinikums Erlangen und der FAU Erlangen-Nürnberg einen immunologischen Impfstoff gegen metastasierenden schwarzen Hautkrebs erfolgreich getestet. Dabei kamen dendritische Zellen zum Einsatz, die mittels einer in Erlangen entwickelten Technik in großer Zahl aus dem Blut der Patienten gewonnen und mit speziellen Tumor-Erkennungsmerkmalen beladen wurden. Die Ergebnisse der 2002 gestarteten Studie sind jetzt im renommierten Journal of Clinical Investigation erschienen.
Jedes Jahr erkranken in Deutschland über 20.000 Menschen an einem malignen Melanom. Der schwarze Hautkrebs ist sehr aggressiv und kann bereits im Frühstadium Metastasen bilden, die das Lymphsystem und die inneren Organe befallen. Behandlungsverfahren wie Chemotherapie oder Bestrahlung stoßen hier an ihre Grenzen, allerdings konnten neue Verfahren, unter anderem die Immuntherapie, in den vergangenen Jahren beachtliche Erfolge erzielen. Vor allem die sogenannten Checkpoint-Inhibitoren, die aktivierte Immunantworten verstärken und damit auch gezielte Abwehrmechanismen des Körpers gegen Krebszellen potenzieren, ermöglichen heute Überlebenschancen, wie sie vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Doch die Checkpoint-Blockade-Immuntherapie hat sehr starke Nebenwirkungen - von Hautausschlägen und Schwächegefühlen über schwere Entzündungen verschiedenster Organe bis hin zu lebensbedrohlichen Darmperforationen oder Entzündungen von Arealen in Herz oder Gehirn.
Dendritische Zellen als Impfstoff Die Wissenschaftler der Hautklinik haben jetzt die Ergebnisse einer 2002 in Erlangen gestarteten klinischen Studie veröffentlicht, in der sie einen Impfstoff auf der Basis dendritischer Zellen getestet haben. "Dendritische Zellen steuern die Immunantwort im Körper und aktivieren T-Lymphozyten, die zum Beispiel eingedrungene Mikroben, aber auch Tumorzellen bekämpfen", erklärt Prof. Dr. med. univ. Gerold Schuler, Direktor der Hautklinik des Uni-Klinikums Erlangen und Initiator der Studie. "Dafür platzieren sie Erkennungsfragmente der Mikroben oder auch von Tumorzellen auf ihrer Oberfläche. Diese Antigene werden von den Rezeptoren der T-Killerzellen erkannt. Die aktivierten T-Killerzellen vermehren sich dann massiv, schwärmen über das Blut aus und suchen sich ihr Ziel, also durch Mikroben oder durch bösartige Veränderung geschädigte Zellen." Zusätzlich zu dieser Antigen-Präsentation ist ein Reifungssignal erforderlich, das Mikroben im Regelfall aussenden, Tumorzellen hingegen nur unzureichend - was eine Erklärung dafür ist, weshalb der Körper Infektionen im Regelfall beherrscht, Tumorerkrankungen hingegen nicht. Die zweite Erklärung ist, dass Tumorzellen lernen, die Immunantwort durch Gegenregulation zu unterlaufen, wobei die als Bremse wirkenden sogenannten Checkpoint-Moleküle eine große Rolle spielen.
Hohe Überlebensrate bei geringen Nebenwirkungen
Das Team um PD Dr. Beatrice Schuler-Thurner, Leiterin Experimentelle Immuntherapie an der Erlanger Hautklinik, hat aus dem Blut von Melanom-Patienten vorgereifte und mit zehn tumorspezifischen Antigenen beladene dendritische Zellen gezüchtet, um die Zahl und Wirkung der den Tumor erkennenden T-Zellen im Patienten zu steigern. Über einen Zeitraum von zwei Jahren wurden die Patienten zehn Mal mit diesem Medikament geimpft, bei Erfolg wurde die Impfung in halbjährlichen Abständen fortgeführt. Die Ergebnisse stimmen die Mediziner sehr optimistisch: Von den 53 geimpften Patienten mit metastasierenden Melanomen lebten zwölf Jahre später immerhin noch 19 Prozent. Die Überlebensrate von rund einem Fünftel entspricht der einer Therapie mit dem seit 2011 zugelassenen Checkpoint-Inhibitor Ipilimumab, allerdings zeigten die in Erlangen behandelten Personen deutlich geringere Nebenwirkungen, die sich überwiegend auf Reaktionen der Haut beschränkten.
Verschiedene immunologische Parameter, etwa das Auftreten spezieller weißer Blutkörperchen oder ein starkes Anschwellen der Haut an der Injektionsstelle aufgrund aktivierter T-Zellen, konnten nachweisbar auf ein gutes Ansprechen der Patienten auf den Impfstoff zurückgeführt werden. "Die Strategie, dendritische Zellen - pro Impfung waren es 72 Millionen - mit vielen Tumor-Antigenen über einen langen Zeitraum zu injizieren, haben wir weltweit erstmals angewandt", sagt Beatrice Schuler-Thurner. "Sie war aus unserer Sicht ausschlaggebend für den klinischen Erfolg."
Kombination immunologischer Verfahren geplant
Die Forscher arbeiten nun zum einen daran, die Vorteile der unterschiedlichen immunologischen Therapieverfahren miteinander zu verbinden. Gerold Schuler: "Die Kombination unseres Impfansatzes mit Blockade-Antikörpern soll dazu führen, dass mehr tumorspezifische T-Zellen erzeugt werden, wobei zugleich das Einbremsen dieser T-Zellen verhindert wird. Wir sind optimistisch, dass wir in den kommenden Jahren noch mehr Krebspatienten erfolgreich behandeln und belastende Nebenwirkungen weiter reduzieren können." Zum anderen haben die Forscher mittlerweile ihre Methodik der Antigenbeladung verfeinert: Sie verwenden RNA aus den jeweiligen Tumorzellen des Patienten als Antigenquelle, wodurch eine hundertprozentig personalisierte Vakzine zum Einsatz kommt. Damit kann nun prinzipiell jede Tumorart behandelt werden. "Dieser Ansatz wird von uns momentan in einer Studie getestet, an der neun Universitätsklinika in Deutschland beteiligt sind", sagt Gerold Schuler. "200 Patienten mit einem Aderhautmelanom sollen im Rahmen dieser aufwendigen, von der Stiftung Deutsche Krebshilfe finanzierten Studie betreut werden."
Publikation
doi: 10.1172/jci.insight.91438 Die Forschungsergebnisse wurden unter dem Titel "Twelve-year survival and immune correlates in dendritic cell-vaccinated melanoma patients" im renommierten Journal of Clinical Investigation veröffentlicht.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. med. univ. Gerold Schuler
Telefon: 09131 85-33661
E-Mail: gerold.schuler(at)uk-erlangen.de
Quelle: uni | mediendienst | forschung Nr. 34/2017